Kuratorentagung 2025

Deutsch-polnisches Museumsforum
30.10.2025

KEIN LEICHTES ERBE

Kuratorentagung im HAUS SCHLESIEN zur Vermittlung von Flucht und Vertreibung an die Nachfolgegenerationen

!5. – 17. Oktober 2025

Das Jahr 2025 stand vielerorts ganz im Zeichen des Gedenkens an das Kriegsende vor 80 Jahren, so auch im HAUS SCHLESIEN, das in diesem Rahmen die Ausstellung „ÜberLebensKünstler. Vier Künstler, zwei Generationen, ein Schicksal: Krieg und Heimatverlust 1945“ mit einem umfangreichen Begleitprogramm präsentierte.  Das Gedenkjahr bot zugleich Anlass zur Reflexion, wie dieses schwierige Erbe heute, an die nachfolgenden Generationen vermittelt werden kann. Dazu trafen sich vom 15. bis 17. Oktober 2025 ein knappes Dutzend Museumsdirektoren, -kuratoren und -vermittler im HAUS SCHLESIEN zu einer deutsch-polnische Kuratorentagung. Unter dem Titel „Kein leichtes Erbe“ stellten sie Projekte und Vermittlungsformate ihrer Einrichtungen vor, mit denen sie die jüngeren Generationen und damit insbesondere die Nachkommen der von Flucht, Vertreibung und Heimatverlust geprägten Kriegsgeneration erreichen möchten bzw. erreichen.

Die Tagung diente dazu mit Kollegen aus dem In- und Ausland, über diese veränderten Erwartungen der Besucher zu diskutieren, sich über mögliche Vermittlungsformate auszutauschen und eigene Erfahrungen zu teilen. In insgesamt drei Themenblöcke stellten die Kollegen einander zunächst unterschiedliche Angebote und Projekte ihrer Häuser vor und stellten diese anschließend zur Diskussion.

Im ersten Themenblock ging es vor allem darum, wie man das „alte“, bis heute aktuelle Thema, das seit 80 Jahren in Ausstellungen, Publikationen und Veranstaltungsreihen präsent und doch vielen wenig vertraut ist, einem „neuen“, sprich jungen Publikum vermitteln kann. Die Kuratorin des Muzeum Miejskie „Dom Gerharta Hauptmanna (Gerhart-Hauptmann-Haus in Agnetendorf), Karolina Matusewicz-Górniak stellte in ihrem Vortrag unter dem Titel „Das Erbe der verlorenen Heimat. Das Dom Gerharta Hauptmanna und die Bedürfnisse neuer Zielgruppen“ einige Projekte vor, mit denen das Haus gezielt junge Leute anspricht, dazu zählt u.a. die Zusammenarbeit mit dem bekannten Krimiautor Sławek Gortych. Daran schloss sich der Beitrag der Bildungsreferentin des Museums Friedland, Angela Steinhardt, an. Die Besonderheit der Einrichtung im Vergleich zu den meisten anderen Teilnehmern ist sicher darin zu sehen, dass es kein ausschließlicher Erinnerungsort ist, sondern bis heute Flüchtlinge dort ankommen. Dadurch dass Museum und Aufnahmelager an einem Ort vereint sind, treffen hier in besonderer Weise historische und aktuelle Schicksalsgeschichten aufeinander. Formate, die sich an die Kinder- und Enkelkinder der Vertriebenen und damit auch die Nachkommen der Gründer von HAUS SCHLESIEN wenden, stellte Silke Findeisen im Anschluss daran unter dem Motto „Oma kommt aus Schlesien“ vor. Den Themenblock beschloss Beata Sordon, Sammlungskuratorin im Dokumentations- und Ausstellungszentrum der Deutschen in Polen mit ihrem Beitrag „Flucht und Vertreibung in Wort und Schrift. Erinnerungen von Zeitzeugen auf Dokumenten, in Publikationen und im Film“, in dem sie die vielfältigen Aktivitäten ihrer Einrichtung vorstellte, die ein sehr breites Publikum ansprechen sollen und wollen.

Im zweiten Themenblock stand konkret das Jahr 1945 und der daraus folgende Einschnitt im Fokus mit der Frage, wie dies in Ausstellungen aufgegriffen und dargestellt wird. Im ersten Beitrag analysierte der Direktor des Muzeum w Gliwicach (Museum Gleiwitz), Leszek Jodliński, kritisch die in seinem Haus präsentierte Ausstellung „’45. Rok ostatni, rok pierwszy na Górnym Śląsku“. Die Kuratoren des schlesischen Museums zu Görlitz, Dr. Martina Pietsch und Marian Reisinger stellten neben der digitalen Erweiterung ihrer Dauerausstellung, die das Jahr 1945, aber auch die aktuelle Situation in Schlesien in den Fokus nimmt, die aktuelle Sonderausstellung „UmBrüche 1945. Schlesische Künstlerinnen und Künstler zwischen Erinnerung und Neubeginn“ vor.

Eine Exkursion ins nahegelegene Siebengebirgsmuseum der Stadt Königswinter und der dort gezeigten Sonderausstellung „Ausgegrenzt. Verfolgt. Ermordet. Die Opfer des Nationalsozialismus im Siebengebirge“, die den Opfern des Nationalsozialismus gewidmet ist und sich damit ebenfalls mit einem „schweren Erbe“ auseinandersetzt, rundete den ersten Tagungstag ab.

Der Rundgang durch die Sonderausstellung „ÜberLebensKünstler“ bot zu Beginn des zweiten Tagungstages weitere Beispiele, wie sehr der Umbruch Millionen von Biographien geprägt hat. Im dritten Teil ging es dann um die Spurensuche und die Sichtbarmachung längst verfallener Spuren und Denkmäler, die an den Umbruch erinnern. Den Beginn machte Henryk Dumin, als Vorstandsmitglied der Fundacji Skala-Classic z Bolesławca, (Stiftung Hohlstein Classic) der über die Wiederinstandsetzung und Nutzung des Schlosses Hohlstein bei Löwenberg berichtete und die bereits erlangten Erfolge ebenso wie die Zukunftspläne schilderte. Die Kuratorin des Muzeum Archeologiczno-Historyczne w Głogowie (Archäologisch-Historisches Museum Glogau), Natalia Bartczak, stellte anschließend ein Projekt des Museums vor, das sich den in der Vorkriegszeit existierenden Friedhöfen im Kreis Glogau widmet. Ihre Kollegin, Paulina Lemańska präsentierte schließlich ausgewählte Beispiele und ordnete diese einer vorab erläuterten Klassifizierungen zu.

Alle Vorträge wurden von Dariusz Makselon konsekutiv gedolmetscht. Begleitet wurden die Beiträge der Referenten durch rege Diskussionen, die sich in die Kaffeepausen hineinzogen.  Einig waren sich die Kuratoren, dass die Vermittlung des schwierigen Erbes eine stete Herausforderung bleibt.  Das Fazit der Teilnehmer war, dass ein Austausch in dieser Form in jedem Fall gewinnbringend und inspirierend ist, sodass sie mit vielen neuen Anregungen und Gedanken die Heimreise antraten.

Silke Findeisen

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